20.10.2019
Zwei Mal im Jahr nimmt sich Dr. med. Francis Kilian regelmäßig Zeit für Vorträge vor Laien, „weil ich mein Fach gerne erkläre.“ Am 16. Oktober war der Chefarzt des Wirbelsäulenzentrums am Brüderhaus erstmals zu Gast im Druckhaus der Rhein-Zeitung. Der Vortragsraum war mit rund 100 Zuhörern ausgebucht. „Schön, dass Sie sich Zeit genommen haben“, begrüßte der Chefarzt am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur sein Publikum.
Die starke Resonanz wunderte wenig, denn Rückenschmerzen sind die Volkskrankheit Nummer 1 in Deutschland. "Mit über 85 Prozent unserer Bevölkerung" bezifferte Dr. Kilian die Zahl der Betroffenen. "Über 60 Prozent sind jenseits der 60", und so spiegelte sich auch die Altersstruktur im Auditorium wider.
Als Neurochirurg und Orthopäde steht der Chefarzt seit nunmehr 20 Jahren der damals gegründeten Abteilung vor. Das Wirbelsäulenzentrum des Katholischen Klinikums Koblenz · Montabaur ist zertifiziert. Francis Kilian hat sein Team, das Zentrum und sich persönlich kontinuierlich weiterentwickelt, dies wird im Vortrag zügig offenkundig. "Die Wirbelsäulenchirurgie hat in den letzten Jahren zudem eine enorme technische Neuentwicklung mit revolutionären Veränderungen erfahren", erklärt der 63-jährige Arzt, "die dem Patienten zugutekommen und das Operationsrisiko verringern."
Eine extreme zeitliche Spanne baut der Vortragende in seine Ausführungen ein, beginnend mit der Feststellung, dass schon Dinosaurier Wirbelsäulenprobleme hatten und der Prognose: "Die Anzahl der Patienten wird weiter steigen, allein durch die demographische Entwicklung."
"Bis auf Unfälle, entwickeln sich die meisten Beschwerden mit der Zeit", erläutert der Fachmann. "Die Wirbelsäule hat eine tragende und bewegende Funktion, und die Funktionsteile unterliegen einem hohen Verschleiß." Wenn die Zeit zum Arztbesuch bei den Patienten gekommen ist, sieht Dr. Kilian die Mediziner in der Pflicht. "Diagnosen sind selten einfach. Man muss den Menschen als Ganzes betrachten. Untersuchungen stehen im Vordergrund unserer Arbeit und diese sollten gründlich sein." Heißt, der Arzt sollte sich Zeit zur Anamnese nehmen, damit das konkrete Problem gefunden werden kann, bevor die Behandlungsformen festgelegt werden.
"Zum Beispiel Zeit kann heilen", überrascht der Chefarzt so manchen Zuhörer. Im nächsten Schritt erläutert er den Teufelskreis der Schmerz-Chronifizierung, wenn Schmerz zu Einschränkungen, mangelnder Bewegung und auch zur Beeinträchtigung der Psyche führt. Apropos Psyche, Dr. Kilian macht klar: "Schmerzbetäubung kann oft guttun, damit der Kopf wieder frei ist und Bewegung einsetzt. Aber am Ende hilft dann doch bei akuten Schäden und Problemen nur eine Operation."
Hier sind die Ärzte des Katholischen Klinikums anerkannte Spezialisten. Der Chefarzt zeigt Beispiele, auch im Vorher/Nachher Vergleich. Bandscheibenprothesen, Versteifungen, Aufbau von Wirbelkörpern, Entfernungen von Tumoren, die Palette ist breit, die Bilder krass.
"Auch danach braucht es Zeit", der rote Faden des Vortrags wird weitergesponnen. Zum guten Schluss gibt der Experte den allgemeinen Tipp: "Zeit für Bewegung und Training sind beste Prävention. Zeit für Anwendungen und Gymnastik beste Rehabilitation."
Und nach dem Vortrag beantwortet Dr. Kilian noch Fragen, erst in großer Runde, später im persönlichen Gespräch. "Der Faktor Zeit ist wichtig für alle Facetten dieser Thematik", ist einer der letzten Sätze des Abends, denn kurz darauf ist der Redner sprachlos, als ein ehemaliger Patient auf ihn zukommt, ein Geschenk in die Hand drückt und "Danke" sagt, für eine erhöhte Lebensqualität, zur rechten Zeit.