Der wissenschaftliche und technische Fortschritt eröffnet
schwerstkranken Menschen heute Therapiemöglichkeiten, die vor Jahren
noch undenkbar schienen. Während diese Perspektive für viele Menschen
Hoffnung und Chance bietet, haben andere Angst vor einer Leidens- und
Sterbensverlängerung durch Apparatemedizin. Jeder Mensch hat das Recht
für sich zu entscheiden, ob und welche medizinischen Maßnahmen für ihn
ergriffen werden sollen.
Ärzte brauchen für jede Behandlung die
Zustimmung des Patienten. Das gilt für die Einleitung wie auch für die
Fortführung einer Therapie. Solange der Patient noch
entscheidungsfähig ist, kann er selbst dem Arzt diese Zustimmung geben
oder verweigern.
Wie stellt man aber den Willen eines Menschen fest,
wenn er nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern, und nicht
mehr entscheidungsfähig ist? Wer kann dann stellvertretend für diesen
Menschen entscheiden? Wer in
einer solchen Situation möchte, dass sein Wille beachtet wird, kann
mittels einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder
Betreuungsvollmacht / -verfügung Vorsorge treffen.
In einer Patientenverfügung können Sie schriftlich im Voraus festlegen,
ob und wie Sie in einer bestimmten Situation ärztlich behandelt werden
möchten. Dies geschieht für den Fall, dass Sie einmal selbst nicht mehr
entscheiden können. Sollte dies eintreten, kann mit Hilfe der
Patientenverfügung Ihr Wille in Bezug auf ärztliche Maßnahmen ermittelt
werden. So können Sie, obwohl Sie dann aktuell nicht fähig sind, zu
entscheiden, auf ärztliche Maßnahmen Einfluss nehmen und Ihr Recht auf
Selbstbestimmung wahren.
Eine Patientenverfügung kann jeder verfassen,
der volljährig und einwilligungsfähig ist. Einwilligungsfähig ist, wer
die Tragweite und Folgen einer beabsichtigten medizinischen Maßnahme
verstehen kann. Sie muss schriftlich verfasst und durch
Namensunterschrift eigenhändig unterzeichnet werden. Die schriftliche
Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Es ist sehr
empfehlenswert, sie in bestimmten Zeitabständen daraufhin zu
überprüfen, ob die einmal getroffenen Festlegungen noch gelten oder
eventuell konkretisiert oder abgeändert werden sollten. Die
Patientenverfügung richtet sich in erster Linie an die Ärzte und das
Behandlungsteam. Die darin getroffenen Festlegungen für ärztliche
Maßnahmen sind verbindlich, wenn durch diese Festlegungen Ihr Wille für
eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation eindeutig und sicher
festgestellt werden kann. Der Arzt muss eine derart verbindliche
Patientenverfügung beachten.
Patientenverfügung: Leiden - Sterben - Krankheit, Bundesministerium der Justiz
Jeder kann durch einen Unfall oder schwere Krankheit körperlich oder geistig so beeinträchtigt werden, dass vorübergehend oder dauerhaft keine Kommunikation möglich ist und keine Einwilligungsfähigkeit besteht. Natürlich werden Ihre Angehörigen Ihnen - hoffentlich - im Ernstfall zur Seite stehen. Aber nicht automatisch dürfen diese Ihre Angelegenheiten regeln.
Wenn rechtsverbindliche Erklärungen oder Entscheidungen gefordert sind, dürfen weder Ehegatten, Eltern oder Kinder Sie ohne besondere Berechtigung gesetzlich vertreten. Gibt es keine Bevollmächtigung, die eine Stellvertretung autorisiert, wird in der Regel eine sogenannte rechtliche Betreuung vom Vormundschaftsgericht angeordnet. Gemeinhin werden zunächst die Angehörigen befragt, ob sie diese Aufgabe übernehmen. Mit dieser rechtlichen Betreuung ist aber auch verbunden, dass die bestellten Betreuer dem Amtsgericht gegenüber, zum Beispiel in der Vermögenssorge, Rechenschaft ablegen müssen.
Mit einer Vorsorgevollmacht aber können Sie für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit bestimmen, wer welche Entscheidungen für Sie treffen darf. Sie benennen eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens, die bereit sind, für Sie im Bedarfsfall zu handeln.
Die in einer Vorsorgevollmacht benannten Personen bekommen das Recht, und zwar juristisch verbindlich, in unterschiedlichen Lebensbereichen Ihre Interessen bzw. Ihren (z. B. in einer Patientenverfügung formulierten) Willen zu vertreten und Ihre persönlichen Angelegenheiten nach Ihren Vorstellungen zu regeln. Dadurch behalten Sie ein hohes Maß an Selbstbestimmung. Durch eine Vorsorgevollmacht wird die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts und somit die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung vermieden.
Es ist sehr zweckmäßig, nach Möglichkeit die gewünschten Bevollmächtigten (z. B. Angehörige oder Freunde) bereits bei der Abfassung der Vollmacht mit einzubeziehen. Hierbei können Sie sich von Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen leiten lassen sowie zusätzlich Anweisungen geben, wie Ihre Angelegenheiten geregelt werden sollen. Die Vorsorgevollmacht kann privat abgefasst, beglaubigt oder beim Notar erstellt sein. Wenn Sie sich schwer tun, eine Patientenverfügung zu formulieren, aber nicht auf Ihre Selbstbestimmung verzichten möchten, oder sicher stellen wollen, dass Sie Ihren eigenen Wünschen entsprechend behandelt werden, ist die Abfassung einer Vorsorgevollmacht sehr zu empfehlen.
Wenn Sie infolge eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung nicht mehr in der Lage sind für sich selbst zu entscheiden und Ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr regeln können und Sie keine Vollmacht erteilt haben, wird die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters ("Betreuers") für Sie notwendig. Hierfür ist das Vormundschaftsgericht zuständig. In der Regel werden zunächst die Angehörigen befragt, ob sie diese Aufgabe übernehmen.
Durch eine sogenannte Betreuungsverfügung / -vollmacht können Sie für den Fall Ihrer Entscheidungsunfähigkeit bereits im Vorfeld dem Gericht einen Betreuer verbindlich vorschlagen, es sei denn, das Gericht kann begründen, dass die Einsetzung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des zu Betreuenden zuwiderliefe. Es kann auch festgelegt werden, wer und aus welchen Gründen auf keinen Fall als Betreuer bestellt werden soll. Zusätzlich können hier Aufgaben definiert werden, die ein Betreuer übernimmt. So kann z. B. formuliert werden, ob eine Pflegeheimunterbringung gewünscht wird oder der Patient mit einer Pflegeperson lieber zu Hause versorgt werden möchte.
Im Gegensatz zum Bevollmächtigten wird der Betreuer gemeinhin, z. B. im Bereich der Vermögenssorge, vom Amtsgericht kontrolliert. Eine Patientenverfügung kann dem Betreuer helfen Ihre Wünsche bezüglich Ihrer Behandlung durchzusetzen. Mit dem Vorliegen einer Vorsorgevollmacht (sehr zu empfehlen in Kombination mit einer Patientenverfügung) wird eine rechtliche Betreuung ausgeschlossen.