05.12.2016
Es war ein Versuch. Ein mutiger obendrein. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand des menschlichen Herzens und Religiosität? Diese Frage griff das Katholische Klinikum Koblenz • Montabaur im Rahmen einer Abendvorlesung auf. „Herz und Gebet“ – so lautete das Motto.
Selten zuvor wurde im
Rahmen einer solchen Infoveranstaltung derart angeregt diskutiert. Ein Abend,
der unterstrich: Die Kombination von Medizin und Spiritualität bewegt die
Menschen, unabhängig von der individuellen Sichtweise. Eine Fortsetzung der
Veranstaltung ist geplant.
Privatdozent Dr. Felix
Post und Werner Hohmann - der eine Mediziner, der andere Theologe: Der Chefarzt
der Inneren Medizin am Marienhof in Koblenz und der Hausobere des Katholischen
Klinikums hatten sich gemeinsam an das spannende Thema "Herz und Gebet" gewagt. Dr. Post stellte aus medizinischer Sicht einige Studien - unter anderem aus den
USA - vor. Demnach glauben 82 Prozent der Befragten an die heilende
Wirkung des Gebets. Dieses hatte in unterschiedlichen Versuchen tatsächlich
einen positiven Einfluss etwa auf den Blutdruck und die Atmung. "Medizinisch
gesehen ist das rituelle Gebet Arbeit", sagte Dr. Post. "Dies beinhaltet
Entspannungstechniken, Atemtechniken und Fokussierungen - also bewusstes
Abwenden von aktuellen Problemen und bewusstes Zuwenden zu einem Gott hin. Ein
Teil der Effekte kann hierüber erklärt werden, aber eben nur ein Teil."
Werner Hohmann gab Antwort auf die Frage "Was ist Gebet eigentlich?" und beschrieb es als "verbale oder nonverbale Zuwendung, eine Kontaktaufnahme zu Gott, letztlich Beziehungspflege zu einem transzendenten Du, in dem der Betende sich geborgen weiß." Er unterschied zwischen tradierten liturgischen Gebeten mit festgelegten Wortfolgen, manchmal in Form einer Litanei, Gebete mit Vorlagen und dem frei formulierten Gebet, das aus der Mitte der Person "nach oben" steige. Mit dem Zitat "Ein Stoßgebet in Not erhöht des Mannes Mut und stillt das Blut" habe der Schriftsteller Achim von Arnim (1781 bis 1831) bereits am Beginn des 19. Jahrhunderts intuitiv den Zusammenhang zwischen Gebet und Blutdruck zum Ausdruck gebracht, den Dr. Post empirisch nachweise.
Es entwickelte sich eine rege Diskussion, zu der auch die Besucher mit zahlreichen Wortmeldungen beitrugen - etwa zwei Schwestern des Ordens der Schwestern vom Heiligen Geist, die gemeinsam mit den Barmherzigen Brüdern in der Trägerschaft des Katholischen Klinikums stehen. Die Schwestern, zum Teil über 90 Jahre alt, berichteten sehr lebendig, dass sie durch ihr geregeltes Leben in Gemeinschaft und die tägliche Praxis des Gebets "Herzensfrieden und Lebensfreude" gefunden hätten. "Es hat uns sehr geholfen, mit den Dingen des Lebens, die uns bedrückten, zu Gott zu gehen und ihm alles zu erzählen. So, wie man es auch einem Arzt erzählt." Die Botschaft dahinter: So stressig der Alltag auch sein mag, es braucht auch Momente der Ruhe. "Das Wechselspiel zwischen Medizin und Glauben ist wirklich sehr gut gelungen", sagte Teilnehmer Max Düpper. "Ich würde mir wünschen, dass dieses Thema in Zukunft noch öfter im Rahmen solcher Veranstaltungen aufgegriffen wird.
"Die Zuhörer waren sehr interessiert, berührt und innerlich beteiligt", resümierte Werner Hohmann am Ende eines kurzweiligen Abends. "Die Rückmeldungen ermutigen uns dazu, nach dieser gelungenen Initialzündung auf jeden Fall weiterzumachen. Gefreut haben mich auch die aktive Teilnahme und die Auskunftsfreudigkeit der anwesenden Schwestern, die die vorgetragenen Gedanken mit handfesten Berichten aus ihrem Leben als Ordensfrauen sehr authentisch untermauerten. Der Abend bot eine gelungene Kombination von unterschiedlichen Sichtweisen auf empirisch nachgewiesene Phänomene an der gemeinsamen Grenze von Medizin und Spiritualität. Eine Zusammenarbeit, die wir in jedem Fall weiter ausbauen und intensivieren sollten; auch, weil wir als kirchliches Krankenhaus damit Gesicht und Profil zeigen können, ohne in einem fragwürdigen Sinn 'missionarisch‘ rüber zu kommen."
"Auch ich ziehe ein sehr positives Fazit", sagte Dr. Post. "Die Diskussion während des Vortrags war lebhafter als ich es gewohnt bin. Es hat gezeigt, dass das Thema die Menschen bewegt und sie viele eigene Sichtweisen auf die Kombination von Medizin und Spiritualität haben. Ich finde übrigens nicht, dass es mutig war ein solches Thema aufzugreifen. Wenn es mutig wäre an einem Katholischen Klinikum über Themen zu reden, die Religion betreffen, hätten wir ein Problem. Das haben wir aber nicht."